Startseite 5 Praxisbeispiele 5 ÖPNV 5 Der Beschaffungsprozess von E-Bussen in Osnabrück

ÖPNV // 03.05.2018

Der Beschaffungsprozess von E-Bussen in Osnabrück

In Osnabrück sollen bis Mitte der 2020er Jahre alle Busse der mit elektrischem Antrieb unterwegs sein. Die Grundlage für dieses Vorhaben wurde bereits frühzeitig im Nahverkehrsplan 2010 gelegt: alle Busse sollen elektrisch werden.

Im Nahverkehrsplan aus dem Jahr 2013 wurde das Vorhaben bekräftigt und das klare Ziel definiert, dass der ÖPNV der Zukunft elektrisch angetrieben sein muss.

Hintergrund

Osnabrück gehört zu den Städten im Bundesgebiet, bei denen sich schon frühzeitig abgezeichnet hat, dass es in der Zukunft eine hohe Belastung an Feinstaub bzw. NOx geben wird. Die hohe Laufleistung (durchschnittlich über 60.000 Kilometern /Jahr) von größtenteils dieselbetriebenen Bussen ist für die Emissionen von Feinstaub mitverantwortlich.

In diesem Zusammenhang wurde auf politischer Ebene entschieden, dass der ÖPNV durch elektrische Antriebe zur Lösung der Probleme beitragen und damit eine Vorbildfunktion in der Stadt einnehmen soll.

Um frühzeitig erste Erfahrungen mit E-Bussen zu sammeln, wurde bereits 2011 der erste elektrische Bus mit einer Länge von 7 Metern in Betrieb genommen. Dieser fuhr auf einer speziell angelegten Linie, die auf die Reichweitenkapazitäten des Busses abgestimmt wurde. Die Investition wurde ohne Fördermittel aus dem eigenen Haushalt der Stadtwerke Osnabrück AG gestemmt. Im Jahr 2013 kam ein weiterer, 9 Meter langer E-Bus dazu. Der Betrieb ermöglichte es praktische Erfahrungswerte mit elektrisch angetriebenen Bussen aus erster Hand zu sammeln:

– Welche Reichweiten sind im realistischen Betriebsszenario möglich?

– Wie funktioniert das Laden?

– Wie zuverlässig sind die Busse im alltäglichen Betrieb?

– Wie funktioniert die Wartung und Instandhaltung der E-Busse.

– Welche Rahmenbedingungen sind bei der Betriebs-, Dienst- und Umlaufplanung zu berücksichtigen?

Umgesetzt wird der ÖPNV in Osnabrück durch die Stadtwerke Osnabrück AG, deren Aufsichtsrat mehrheitlich mit Personen aus der Kommunalpolitik besetzt ist. Dadurch gibt es eine enge Verzahnung von politischen Entscheidern und operativer Ebene des ÖPNV. Der Aufsichtsrat hat bereits frühzeitig darauf gedrängt den Nahverkehr nachhaltig weiterzuentwickeln und sich insbesondere im Bereich E-Busse zu engagieren.

In der Folge wurden seit 2012 keine weiteren Dieselbusse mehr angeschafft. Die dadurch entstandenen Beschaffungslücken wurden mit längeren Laufzeiten der bestehenden Fahrzeuge überbrückt. Das führt auf der anderen Seite dazu, dass in den Folgejahren ein höheres Budget für die Beschaffung von E-Bussen verfügbar ist. Auch unter zeitlichen Gesichtspunkten wurde dieses Vorgehen bewusst gewählt, denn im Jahr 2018 gibt es ein deutlich größeres Marktangebot für elektrisch angetriebene Busse als die Jahre zuvor.

Herangehensweise

Da die Beschaffung von E-Bussen eine komplexe Herausforderung ist, hat es insgesamt gut 2,5 Jahre gedauert, um zu klären, was genau gebraucht wird und welche Anforderungen ein passendes Angebot erfüllen muss. Allein das Ausschreibungsverfahren der Stadtwerke Osnabrück AG erstreckte sich daher über ca. ein Jahr. Wichtig war der Stadtwerke Osnabrück AG, dass die Hersteller ein alltagstaugliches Produkt vorweisen können und die Stadt nicht als Teststrecke für ihr Produkt nutzen.

Aus diesem Grund wurde zunächst ein Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Hersteller in der Lage sind ein alltagstaugliches Produkt auf die Straße zu bringen. Im zweiten Schritt folgte ein indikatives Ausschreibungsverfahren: Bei diesem haben die Hersteller zunächst erste, unverbindliche Angebote abgegeben. Für die finale Ausschreibung konnten auf Basis dieser Angebote die Anforderungen an einen Hersteller präzisiert und das eigentliche Lastenheft entwickelt werden. Grundlage des Lastenhefts waren die VDV-Schriften 230 und 230/1, ergänzt um die Anforderungen an die Ladeinfrastruktur und die Verfügbarkeiten.

Wichtige Herausforderungen

Ein wesentlicher Faktor bei der Beschaffung von E-Bussen ist das vorhandene Angebot am Markt. In Deutschland hat die Stadtwerke Osnabrück AG bspw. keinen Anbieter gefunden, der ihre Anforderungen erfüllen konnte. Ein wichtiges Kriterium war u.a., dass die Busse nicht mit großen Batterien ausgestattet sein sollen, die über Nacht geladen werden. Die Stadtwerke Osnabrück AG setzt stattdessen auf schnelles Laden mit hohen Strömen an den jeweiligen Endstationen. Daher hat man den Suchradius erweitert und ist mit verschiedenen Anbietern aus dem europäischen Ausland in Kontakt getreten.

Eine zweite Herausforderung ist die Entwicklung der Fördermittellandschaft, die sich erst in den vergangenen Jahren immer mehr auf die Unterstützung von elektrisch angetriebenen Bussen angepasst hat. Für die Stadtwerke Osnabrück AG hieß das, dass einige Förderrichtlinien für entsprechende Vorhaben erst im Laufe des Beschaffungsprozesses erlassen wurden.

Die Stadtwerke Osnabrück AG hat verschiedene Fördertöpfe kombiniert, um möglichst viele Komponenten fördern zu lassen. Diese Zusammenstellung von verschiedenen Fördermitteln musste gut begründet werden, damit Fördermittel nicht als Doppelförderung eingestuft und somit wieder aberkannt werden.

Erfolge

Wie bereits genannt: Ein wesentlicher Erfolg für die Stadtwerke Osnabrück AG war, dass es gelungen ist verschiedene Förderprogramme miteinander zu kombinieren, obwohl die Ausschreibung explizit auf ein komplettes E-Bus-System ausgerichtet ist. Der Förderbescheid für die Anschaffung der E-Busse liegt im Jahr 2018 bereits vor und für den Umbau des Betriebshofs sowie den Bau der Ladeinfrastruktur liegt ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn vor.

Ein weiterer wichtiger Erfolg für die Stadt ist, dass ein Anbieter gefunden wurde, der ihre spezifischen Anforderungen erfüllt. Und mit der Festlegung auf einen Hersteller lässt sich das Vorhaben der Stadt nun auch besser in der Öffentlichkeit präsentieren, während der Beschaffungsprozess selbst weitgehend hinter den Kulissen ablief. Letztendlich sichtbar wird das Projekt natürlich erst, wenn die neuen E-Busse auf den Osnabrücker Straßen rollen.

Aktueller Stand

Anfang 2018 ist die Ausschreibung für das E-Bus-System abgeschlossen und die Stadt hat einen Hersteller für ihr E-Bus-System ausgewählt. Die ersten 13 Gelenk-Busse sind bestellt und bis Ende 2018 soll die erste vollelektrische Linie in Betrieb gehen. Weitere Linien folgen nach und nach.

Im Optimalfall sind bis spätestens 2030 alle Linien auf E-Busse umgestellt. Dabei ist die Stadt nicht ausschließlich auf batterieelektrische Busse festgelegt. Auch die Anschaffung von Bussen mit Brennstoffzellen ist grundsätzlich denkbar.

Förderungen

Während die ersten zwei E-Busse in Osnabrück ohne Förderungen beschafft und in Betrieb genommen wurden, sind für die nun geplante Beschaffung weiterer E-Busse folgende Förderungen beantragt bzw. bewilligt:

– Fahrzeugförderung durch das Land Niedersachsen (bewilligt)
– Betriebshofförderung von der Landesnahverkehrsgesellschaft „ÖPNV Flächenprogramm“ (beantragt)
– Ladeinfrastruktur vom Land Niedersachsen (beantragt)
– OS (NOx) Verletzungsverfahren: „Sofortprogramm Saubere Luft“ des Bundes (beantragt)

Wichtige Erfahrungen

Ein 1:1-Umstieg von Diesel- zu E-Bussen ist aktuell und auf die Schnelle nicht realisierbar. Denn die Umstellung muss nicht nur dem Fahrzeugwechsel selbst, sondern auch der veränderten Tank- bzw. Ladeinfrastruktur bzw. der Reichweite von E-Bussen Rechnung tragen. Daher ist schon vor der Beschaffung eine enge Verzahnung mit der Verkehrsplanung der Stadt wichtig, um den Wechsel der Fahrzeuge passend zum Verkehrskonzept der Stadt umsetzen zu können.

Dieser Austausch ist auch wichtig, damit die Buslinien ihre Strecken möglichst zügig, d. h. innerhalb von kurzen Zeitabschnitten befahren können. So können bspw. Ampelschaltungen für Busse und ihre jeweiligen Routen optimiert werden.

Als hilfreiche Ausgangssituation hat sich herausgestellt, dass die Stadtwerke Osnabrück AG – über die Tochtergesellschaft SWO Netz GmbH – Betreiber der Stromnetze sind. Diese Verknüpfung erleichtert z.B. die Planung und Errichtung der Ladeinfrastruktur für die E-Busse.

Key facts

Partner

VDL Bus & Coach

Förderung

BMVI, Land Niedersachsen

Fahrzeuge

13 batterieelektrische Gelenkbusse „VDL Citea SLFA-181 Electric“

Kontakt

Stadtwerke Osnabrück AG
Joachim Kossow (Projektleiter „Neue Mobilität“)
Alte Poststraße 9
49074 Osnabrück

T: 0541 2002-2680
F: 0541 2002-3136

Mail: joachim.kossow@stw-os.de
Web: www.stadtwerke-osnabrueck.de/e-bus

Foto: Stadtwerke Osnabrück AG

Gewerbe-klein
Flotte-klein
Opnv-klein-hover
post-thumnail

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) setzen auf moderne und zukunftsfähige Mobilität und gehen über die Vorgaben der Clean Vehicle Directive (CVD)

MEHR ANZEIGEN
PDF ERSTELLEN (von jeweiliger Seite (linker Bereich))

Weitere Praxisbeispiele

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) setzen auf moderne und zukunftsfähige Mobilität und gehen über die Vorgaben der Clean Vehicle Directive (CVD) hinaus: Bis 2040 soll der gesamte ÖPNV in Leipzig CO2-neutral sein.

16.01.2023

Elektrifizierung der Busbetriebshöfe in Hamburg Alsterdorf und Hamburg Bergedorf

Elektrifizierung der Busbetriebshöfe in Hamburg Alsterdorf und Hamburg Bergedorf

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat einen klaren politischen Auftrag erteilt (vgl. Hamburger Klimaplan, S. 35): Ab dem Jahr 2020 dürfen in Hamburg nur noch emissionsfrei angetriebene Busse beschafft werden. Und bis zum Jahr 2030 soll die gesamte Busflotte weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umgestellt sein. Das erfordert auch den Ausbau einer entsprechenden Ladeinfrastruktur.

04.02.2021

E-Metrobus: Gelegenheitsladen für die Buslinie 200 der BVG

E-Metrobus: Gelegenheitsladen für die Buslinie 200 der BVG

Bis 2030 soll die BVG nach den Vorgaben im Berliner Mobilitätsgesetz ihre gesamte Busflotte auf umweltfreundliche alternative Antriebe umstellen. Ein wesentlicher Meilenstein für diesen großen Wandel ist die Hochlaufphase Elektromobilität 2018-2022, in der die BVG Erfahrungen mit dem Betrieb verschiedener serienreifer Elektrobusse sammelt. Im Rahmen dieser Hochlaufphase sind derzeit bereits 120 Elektro-Solobusse (12 m) im Einsatz, die im Depot geladen werden.

02.02.2021

IOKI Hamburg – on-demand shuttle in Hamburg

IOKI Hamburg – on-demand shuttle in Hamburg

Das „ioki Hamburg“-Shuttle ist ein On-Demand-Angebot des Hamburger Nahverkehrs. Ohne feste Linien und Fahrplan kann die individuelle Fahrt per App gebucht werden. Wenn möglich, werden ähnliche Routen mehrerer Fahrgäste dabei gebündelt.

04.05.2020

Batterieoberleitungsbus (BOB) Solingen

Batterieoberleitungsbus (BOB) Solingen

Durch die Kombination von bewährter Oberleitungsbus- und neuester Batterietechnologie im Batterie-Oberleitungs-Bus (BOB) soll in diesem Solinger Projekt demonstriert werden, wie die Elektrifizierung des ÖPNV in Kommunen gelingen kann. Im Kern des Vorhabens steht ein Oberleitungsbus, dessen Dieselhilfsmotor gegen ein modernes Batteriesystem ausgetauscht wird. Damit ersetzt der BOB in der Ersatzbeschaffung Dieselbusse und bedient deren Linien in der Kombination von Oberleitung und Batterie.

01.10.2019

Landeshauptstadt Stuttgart: Lenkungskreis zum Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“

Landeshauptstadt Stuttgart: Lenkungskreis zum Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“

Auf Initiative des Oberbürgermeisters wurde 2013 der interdisziplinär zusammengesetzte Lenkungskreis „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ ins Leben gerufen. Im 2-Monats-Rhythmus kommen seither auf oberster Ebene alle mit dem Thema Verkehr betrauten Bürgermeister und Geschäftsführer unter der Leitung des Oberbürgermeisters zusammen, um gemeinsam alle laufenden und visionären Verkehrsthemen zu besprechen.

10.07.2019

Oberrhein: Interkommunale Vernetzung in Dachmarke „einfach mobil“

Oberrhein: Interkommunale Vernetzung in Dachmarke „einfach mobil“

Die Offenburger Dachmarke „einfach mobil“ soll zukünftig auch eine regionale Mobilität zwischen den Nachbarkommunen am Oberrhein (z.B. Lahr, Kehl, Straßburg) bündeln. Initiiert wurde die Dachmarke zur Kommunikation und Vermarktung der Mobilitätsstationen unter Federführung der Stadt Offenburg und ihrer unselbstständigen Tochter Technische Betriebe Offenburg (TBO).

09.07.2019

Ludwigsburg: Innovationsnetzwerk

Ludwigsburg: Innovationsnetzwerk

Ein stadtinternes Netzwerk wurde 2012 für die Vernetzung der Kommune und lokalen Unternehmen sowie Hochschulen ins Leben gerufen, um innovative Themen lokal zu verankern und Synergien herzustellen.

26.06.2019

Die Umsetzung des EmoG in der Landeshauptstadt München

Die Umsetzung des EmoG in der Landeshauptstadt München

Das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) bietet Kommunen die Möglichkeit, NutzerInnen von Elektrofahrzeugen bestimmte Privilegien einzuräumen. Die Landeshauptstadt München nutzt insbesondere die Aspekte des kostenlosen Parkens und des bevorrechtigen Parkens, die im Folgenden näher vorgestellt werden.

27.09.2018

Parken für Elektrofahrzeuge – die Anwendung des EMoG in Leipzig

Parken für Elektrofahrzeuge – die Anwendung des EMoG in Leipzig

Leipzig sieht in der Elektromobilität eine große Chance für die Wirtschaft und eine Verbesserung der Lebensqualität. Daher hat die Stadt einen Maßnahmenplan „Leipzig – Stadt der intelligenten Mobilität“ gemeinsam mit vielen lokalen Akteuren erarbeitet. Seit der Verabschiedung des Elektromobilitätsgesetzes sind Kommunen befähigt Elektrofahrzeuge beispielsweise durch die Bevorrechtigung beim Parken oder durch die Gewährung zum Zugang von Busspuren, zu privilegieren.

14.06.2018

Aufbau der Ladeinfrastruktur in Dortmund

Aufbau der Ladeinfrastruktur in Dortmund

Die Stadt Dortmund verfügt im Jahr 2017 über eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Bereits frühzeitig wurden die Grundlagen dafür gelegt. 2009 wurde dann der umfassende Aufbau einer Ladeinfrastruktur beschlossen.

17.01.2018

Buslinie 48

Buslinie 48

Schon seit 1959 werden in den engen Gassen von Blankenese besonders kleine und wendige Busse eingesetzt. Mit dem Einsatz eines batterieelektrischen Busses verringern sich nun die Geräusch- und Abgasemissionen.

06.09.2017