Startseite 5 Praxisbeispiele 5 ÖPNV 5 Beschaffung der größten Brennstoffzellen-Hybridbusflotte Europas in Köln

ÖPNV // 22.02.2019

Beschaffung der größten Brennstoffzellen-Hybridbusflotte Europas in Köln

Die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) ist für den Busverkehr in der Großregion Köln/Bonn zuständig. Bereits seit vielen Jahren engagiert sich das Unternehmen auf dem Gebiet der emissionsfreien Antriebe für ihre Fahrzeuge im ÖPNV.

Das Projekt

Im Jahr 2018 machte die RVK mit der Bestellung von 30 Brennstoffzellen-Hybridbussen und der Beauftragung von zwei Wasserstoff-Tankstellen einen weiteren Schritt in Richtung Dekarbonisierung des ÖPNV. Ab dem zweiten Quartal 2019 sollen die Busse vom Hersteller Van Hool den Betrieb aufnehmen.

Für den Betrieb der neuen Fahrzeuge wird die RVK zwei Wasserstoff-Tankstellen errichten, eine im Rhein-Sieg-Kreis (Meckenheim) und eine im Rheinisch-Bergischen Kreis (Wermelskirchen)

Standort Meckenheim

– Standortkapazität: zunächst bis zu 20 Brennstoffzellen-Hybridbusse; spätere Erweiterung möglich

– Lagerkapazität: 500 Kg Wasserstoff

– Verschiedene Industriepartner

Standort Wermelskirchen

– Standortkapazität: zunächst bis zu 20 Brennstoffzellen-Hybridbusse; spätere Erweiterung möglich

– Lagerkapazität: 800 Kg Wasserstoff

– Linde als Industriepartner

Die Brennstoffzellen-Hybridbusse fahren rein elektrisch. Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O) reagieren in der Brennstoffzelle zu Wasser (H2O) und setzen dabei elektrische Energie frei. Diese wird genutzt, um direkt die Elektromotoren anzutreiben. Beim Bremsen wird über die sogenannte Rekuperation eine Hochvolt-Batterie geladen, deren Energie wiederum beim Anfahren genutzt wird. Die einzige Emission eines Brennstoffzellen-Hybridbusses ist lediglich Wasser bzw. Wasserdampf. Zudem laufen die Busse insbesondere im Vergleich zu konventionellen Bussen sehr geräuscharm.

Förderungen

Die Beschaffung der Busse und Errichtung der Tankstellen wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) mit einer Summe von 7,4 Millionen Euro gefördert. Eine weitere Förderzusage in Höhe von 5,6 Millionen Euro über das EU-Projekt JIVE liegt ebenfalls vor.

Das Gesamtprojekt mit einem Budget in Höhe von rund 18,6 Millionen Euro wird demnach durch Fördermittel in Höhe von rund 13 Millionen Euro gefördert.

Hintergrund

Die RVK verfolgt bereits seit vielen Jahren das Ziel eines emissionsfreien öffentlichen Personennahverkehrs. Zudem produziert die ansässige Chemieindustrie bisher nicht genutzte Mengen an Wasserstoff.

Im Cluster HyCologne haben sich seit 2007 in der Region Köln / Rheinland Vertreter aus Kommunen, kommunalen Betrieben, Industrie und Wissenschaft zusammengeschlossen, um das Thema Brennstoffzellenantriebe bzw. die Verwertung des anfallenden Wasserstoffs voranzubringen.

Ein Ergebnis davon war, dass im Jahr 2011 mit Hilfe einer Förderung durch das Land NRW zwei Brennstoffzellen-Hybridbusse beschafft und als Ergänzung zur bestehenden Dieselflotte eingesetzt wurden. Dies ist zu diesem Zeitpunkt nur gelungen, weil viele Kooperationspartner gemeinsam an der Umsetzung gearbeitet haben. (Vor-)Serienfahrzeuge waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht verfügbar.

Obwohl die Busse auch im regulären Linienbetrieb eingesetzt wurden, lag der Fokus auf der Evaluierung und Optimierung der Technik und der betrieblichen Abläufe. Dabei zeigte sich die wichtige Erkenntnis, dass die Technologie – trotz einiger Kinderkrankheiten – das liefert, was sie verspricht (z. B. Reichweite, kurze Tankzeiten etc.) und sich die Fahrzeuge in die betrieblichen Abläufe integrieren lassen.

Im Jahr 2014 hat die RVK die zwei ersten Vorserien-Brennstoffzellen-Hybridbusse von Van Hool (Modell A330 FC) beschafft. Deutschlandweit wurden diese Busse erstmalig im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt.

Mit diesen Fahrzeugen sammelte das Unternehmen praktische Erfahrungswerte und bereitete die Anschaffung weiterer Brennstoffzellen-Hybridbusse vor.

Aufgrund der positiven Erfahrungswerte konnten u. a. die kommunalen Eigentümer der RVK davon überzeugt werden, die nötigen politischen Entschlüsse herbeizuführen, um die Flottenausweitung mit Brennstoffzellen-Bussen weiter zu verfolgen. Die vergleichsweise hohen Anschaffungskosten gegenüber konventionellen Dieselbussen können zum Teil über Förderprogramme kompensiert werden, weshalb Kenntnis und Akquise ebendieser eine erfolgreiche Umsetzung unterstützen.

Ablauf des Projekts

– Marktanalyse und europaweite Ausschreibung in 2017
– Beauftragung der H2-Tankstellen im Februar 2018
– Bestellung der 30 Busse im März 2018
– Geplante Auslieferung der Fahrzeuge und Fertigstellung Tankstellen im Sommer 2019

Aktueller Stand

Auch nach der Beauftragung gibt es noch hohen Abstimmungsbedarf mit den umsetzenden Unternehmen, insbesondere was die Errichtung der Tankinfrastruktur angeht. Das betrifft z.B. die Einholung der notwendigen (Bau-)Genehmigungen sowie die Einholung der Betriebserlaubnis nach §18 BetrSichV.

Dies ist teilweise eine Herausforderung, da auch auf Verwaltungsebene notwendige Fachkenntnis erst nach und nach aufgebaut wird. Aufgrund der vorangegangenen Projekte kann man hier zum Teil auf Erfahrungen aufbauen.

Ausblick

Die RVK verfolgt das Ziel, ab 2030 ausschließlich emissionsfreie Fahrzeuge zu beschaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt soll die schrittweise Umstellung des Fuhrparks auf Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien erfolgen und die benötigte Infrastruktur aufgebaut werden, um zeitnah einen emissionsfreien bzw. klimaneutralen ÖPNV zu realisieren.

Hierbei wird ein technologieoffener Ansatz verfolgt. Aufgrund der Vorteile der Brennstoffzellen-Technologie in puncto Reichweite, Flexibilität und Betankungszeiten sowie der günstigen Rahmenbedingungen (Wasserstoff als Nebenprodukt) in der Region Köln, liegt der Fokus hierbei jedoch aktuell auf Brennstoffzellen-Hybridbussen. Grundsätzlich sind die Investitionskosten von Batteriebussen jedoch geringer.

Herausforderungen

Nach anfänglich intensiver Überzeugungsarbeit auf politischer Ebene, konnte diese mit Fortschreiten des Vorhabens etwas reduziert werden. Dies ist unter anderem auf die öffentliche Wahrnehmung mit Blick auf Luftreinhaltung in Innenstädten und Ähnlichem zurückzuführen. Wichtig ist in jedem Fall eine frühzeitige Einbindung der politischen Entscheidungsträgerzur Sicherung der notwendigen Unterstützung für das Vorhaben.

Aufgrund der Mehrkosten für Fahrzeuge und Infrastruktur ist die Kenntnis über aktuelle Fördermöglichkeiten von großem Mehrwert. Die Umsetzung eines derartigen Vorhabens ohne Förderung ist andernfalls äußerst schwierig.

Die Antriebstechnologie hat ihre Marktreife allmählich erreicht, dennoch gibt es noch verhältnismäßig wenige Anbieter am Markt, die für die Umsetzung in Frage kommen. Die Tendenz ist jedoch deutlich steigend.

Aufgrund der jungen Technologie, zu der es bisher nur vereinzelt Erfahrungswerte gibt, ist es sinnvoll mit einem verhältnismäßig langen Umsetzungszeitraum für ein entsprechendes Vorhaben zu kalkulieren. Auf diese Weise ist es möglich, unvorhersehbaren Ereignissen angemessen Tribut zu zollen.

Wichtige Erfahrungen

Trotz der relativ jungen Technologie sind im Jahr 2019 bereits einige Erfahrungswerte im Bereich Brennstoffzellen-Hybridbusse vorhanden. Kommunen bzw. kommunale Betriebe sollten sich daher umfassend über Technologien, Marktsituation und mögliche Stolpersteine informieren, um von diesen Erfahrungswerten zu profitieren:

– Vergangene EU-Projekte wie das „CHIC – Clean Hydrogen in European Cities“ stellen ihre Erfahrungen in Form von Veröffentlichungen zur Verfügung.

– Netzwerke wie z. B. das Netzwerk Brennstoffzelle und Wasserstoff, Elektromobilität der EnergieAgentur.NRW sind eine gute Anlaufstelle, um über Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. (Kontakt: Dr. Frank Koch, Tel. 0209/167-2816 / (Email: koch@energieagentur.nrw)

– Ein intensiver Austausch und eine Vernetzung mit Kollegen, Kommunen, Kommunalen Betrieben u. a. ist hilfreich, um von Erfahrungswerten aus ähnlichen Situationen zu profitieren.

– Zudem gibt es einen von BMVI und BMUB initiierten Austausch in der sogenannten AG Bus, welche sich übergreifend alternativen Antrieben im ÖPNV widmet (Ansprechpartner Oliver Hoch, NOW GmbH).

Bei der RVK hat sich die Projektpartnerschaft mit der Stadt Wuppertal bei der Beschaffung der Brennstoffzellen-Hybridbusse als sehr wertvoll herausgestellt. Hier wurden parallel bzw. gemeinsam ähnliche Projekte umgesetzt, so dass man gegenseitig von Erfahrungen profitiert hat.

Key facts

Förderung

BMVI, FCH JU „JIVE“

Partner

Linde u. a.

Kontakt

Jens Conrad
Fachbereichsleiter Alternative Antriebe
Regionalverkehr Köln GmbH (RVK)

Theodor-Heuss-Ring 19-21
50668 Köln

Tel.: +49 221 1637503
Fax: +49 221 16374503

Mail: Jens.Conrad@rvk.de
Web: www.rvk.de
Twitter: twitter.com/RVK_Koeln

Fotos: Regionalverkehr Köln GmbH

Gewerbe-klein
Flotte-klein
Opnv-klein-hover
post-thumnail

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) setzen auf moderne und zukunftsfähige Mobilität und gehen über die Vorgaben der Clean Vehicle Directive (CVD)

MEHR ANZEIGEN
PDF ERSTELLEN (von jeweiliger Seite (linker Bereich))

Weitere Praxisbeispiele

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

E-Busse in Leipzig – Vom Konzept bis zur Umsetzung

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) setzen auf moderne und zukunftsfähige Mobilität und gehen über die Vorgaben der Clean Vehicle Directive (CVD) hinaus: Bis 2040 soll der gesamte ÖPNV in Leipzig CO2-neutral sein.

16.01.2023

Elektrifizierung der Busbetriebshöfe in Hamburg Alsterdorf und Hamburg Bergedorf

Elektrifizierung der Busbetriebshöfe in Hamburg Alsterdorf und Hamburg Bergedorf

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat einen klaren politischen Auftrag erteilt (vgl. Hamburger Klimaplan, S. 35): Ab dem Jahr 2020 dürfen in Hamburg nur noch emissionsfrei angetriebene Busse beschafft werden. Und bis zum Jahr 2030 soll die gesamte Busflotte weitestgehend auf emissionsfreie Antriebe umgestellt sein. Das erfordert auch den Ausbau einer entsprechenden Ladeinfrastruktur.

04.02.2021

E-Metrobus: Gelegenheitsladen für die Buslinie 200 der BVG

E-Metrobus: Gelegenheitsladen für die Buslinie 200 der BVG

Bis 2030 soll die BVG nach den Vorgaben im Berliner Mobilitätsgesetz ihre gesamte Busflotte auf umweltfreundliche alternative Antriebe umstellen. Ein wesentlicher Meilenstein für diesen großen Wandel ist die Hochlaufphase Elektromobilität 2018-2022, in der die BVG Erfahrungen mit dem Betrieb verschiedener serienreifer Elektrobusse sammelt. Im Rahmen dieser Hochlaufphase sind derzeit bereits 120 Elektro-Solobusse (12 m) im Einsatz, die im Depot geladen werden.

02.02.2021

IOKI Hamburg – on-demand shuttle in Hamburg

IOKI Hamburg – on-demand shuttle in Hamburg

Das „ioki Hamburg“-Shuttle ist ein On-Demand-Angebot des Hamburger Nahverkehrs. Ohne feste Linien und Fahrplan kann die individuelle Fahrt per App gebucht werden. Wenn möglich, werden ähnliche Routen mehrerer Fahrgäste dabei gebündelt.

04.05.2020

Batterieoberleitungsbus (BOB) Solingen

Batterieoberleitungsbus (BOB) Solingen

Durch die Kombination von bewährter Oberleitungsbus- und neuester Batterietechnologie im Batterie-Oberleitungs-Bus (BOB) soll in diesem Solinger Projekt demonstriert werden, wie die Elektrifizierung des ÖPNV in Kommunen gelingen kann. Im Kern des Vorhabens steht ein Oberleitungsbus, dessen Dieselhilfsmotor gegen ein modernes Batteriesystem ausgetauscht wird. Damit ersetzt der BOB in der Ersatzbeschaffung Dieselbusse und bedient deren Linien in der Kombination von Oberleitung und Batterie.

01.10.2019

Landeshauptstadt Stuttgart: Lenkungskreis zum Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“

Landeshauptstadt Stuttgart: Lenkungskreis zum Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“

Auf Initiative des Oberbürgermeisters wurde 2013 der interdisziplinär zusammengesetzte Lenkungskreis „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ ins Leben gerufen. Im 2-Monats-Rhythmus kommen seither auf oberster Ebene alle mit dem Thema Verkehr betrauten Bürgermeister und Geschäftsführer unter der Leitung des Oberbürgermeisters zusammen, um gemeinsam alle laufenden und visionären Verkehrsthemen zu besprechen.

10.07.2019

Oberrhein: Interkommunale Vernetzung in Dachmarke „einfach mobil“

Oberrhein: Interkommunale Vernetzung in Dachmarke „einfach mobil“

Die Offenburger Dachmarke „einfach mobil“ soll zukünftig auch eine regionale Mobilität zwischen den Nachbarkommunen am Oberrhein (z.B. Lahr, Kehl, Straßburg) bündeln. Initiiert wurde die Dachmarke zur Kommunikation und Vermarktung der Mobilitätsstationen unter Federführung der Stadt Offenburg und ihrer unselbstständigen Tochter Technische Betriebe Offenburg (TBO).

09.07.2019

Ludwigsburg: Innovationsnetzwerk

Ludwigsburg: Innovationsnetzwerk

Ein stadtinternes Netzwerk wurde 2012 für die Vernetzung der Kommune und lokalen Unternehmen sowie Hochschulen ins Leben gerufen, um innovative Themen lokal zu verankern und Synergien herzustellen.

26.06.2019

Die Umsetzung des EmoG in der Landeshauptstadt München

Die Umsetzung des EmoG in der Landeshauptstadt München

Das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) bietet Kommunen die Möglichkeit, NutzerInnen von Elektrofahrzeugen bestimmte Privilegien einzuräumen. Die Landeshauptstadt München nutzt insbesondere die Aspekte des kostenlosen Parkens und des bevorrechtigen Parkens, die im Folgenden näher vorgestellt werden.

27.09.2018

Parken für Elektrofahrzeuge – die Anwendung des EMoG in Leipzig

Parken für Elektrofahrzeuge – die Anwendung des EMoG in Leipzig

Leipzig sieht in der Elektromobilität eine große Chance für die Wirtschaft und eine Verbesserung der Lebensqualität. Daher hat die Stadt einen Maßnahmenplan „Leipzig – Stadt der intelligenten Mobilität“ gemeinsam mit vielen lokalen Akteuren erarbeitet. Seit der Verabschiedung des Elektromobilitätsgesetzes sind Kommunen befähigt Elektrofahrzeuge beispielsweise durch die Bevorrechtigung beim Parken oder durch die Gewährung zum Zugang von Busspuren, zu privilegieren.

14.06.2018

Der Beschaffungsprozess von E-Bussen in Osnabrück

Der Beschaffungsprozess von E-Bussen in Osnabrück

In Osnabrück sollen bis Mitte der 2020er Jahre alle Busse der mit elektrischem Antrieb unterwegs sein. Die Grundlage für dieses Vorhaben wurde bereits frühzeitig im Nahverkehrsplan 2010 gelegt: alle Busse sollen elektrisch werden.

03.05.2018

Aufbau der Ladeinfrastruktur in Dortmund

Aufbau der Ladeinfrastruktur in Dortmund

Die Stadt Dortmund verfügt im Jahr 2017 über eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur. Bereits frühzeitig wurden die Grundlagen dafür gelegt. 2009 wurde dann der umfassende Aufbau einer Ladeinfrastruktur beschlossen.

17.01.2018

Buslinie 48

Buslinie 48

Schon seit 1959 werden in den engen Gassen von Blankenese besonders kleine und wendige Busse eingesetzt. Mit dem Einsatz eines batterieelektrischen Busses verringern sich nun die Geräusch- und Abgasemissionen.

06.09.2017