Strategie & Konzeption // 27.09.2018
Das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) bietet Kommunen die Möglichkeit, NutzerInnen von Elektrofahrzeugen bestimmte Privilegien einzuräumen. Die Landeshauptstadt München nutzt insbesondere die Aspekte des kostenlosen Parkens und des bevorrechtigen Parkens, die im Folgenden näher vorgestellt werden.
Das Projekt
a) Kostenloses Parken
Bisher zahlten Autofahrer mit Elektrofahrzeugen in München normale Parkgebühren wie auch Fahrer von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Durch das EmoG ist Bewegung in die Parkraumbewirtschaftung gekommen: Seit September 2018 sind in München alle E-Fahrzeuge für eine Parkdauer von bis zu 2 Stunden von den Gebühren befreit. Um die Bevorrechtigung zu nutzen, muss eine Parkscheibe ins Fahrzeug gelegt werden. Wird die Parkdauer von zwei Stunden überschritten, muss ein reguläres Parkticket gekauft werden.
Auch die Kosten für Handwerkerparkausweise hat die Stadt angepasst: Handwerker, die mit einem Elektrofahrzeug unterwegs sind zahlen statt 120-240 Euro / Jahr nur noch eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 30 Euro für den Parkausweis und können damit den ganzen Tag kostenfrei in der Stadt parken.
Carsharing-Anbieter profitieren bereits seit Längerem von einer Ausnahmegenehmigung, durch die die jährliche Parkgebühr für E-Fahrzeuge in Höhe von 900 Euro entfällt.
b) Bevorrechtigtes Parken
Neben der Kostenentlastung für Elektrofahrzeuge sollen in München zunehmend Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die für Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb reserviert sind.
Während das EmoG selbst eine Bevorrechtigung beim Parken auf öffentlichen Straßen oder Wegen einräumt, ist diese bevorrechtigte Parkmöglichkeit in München bisher immer an den Ladevorgang des Fahrzeugs gekoppelt. Das bedeutet die Stadt München schafft Parkmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge, die nur in Verbindung mit einem Ladevorgang genutzt werden dürfen. Nach dem Ladevorgag muss das Elektrofahrzeug wieder vom Parkplatz entfernt werden, ansonsten droht ein Bußgeld. Je nach Situation kann die Polizei auch eine Abschleppung veranlassen
Ein bevorrechtigtes Parken für Elektrofahrzeuge ohne Lademöglichkeit gibt es noch nicht, jedoch ist aktuell geplant eine solche Bevorrechtigung in zwei Bezirken zu testen.
Nach einer dreimonatigen, erfolgreichen Erprobungsphase im Jahr 2018 sieht die aktuelle Regelung vor, dass entsprechende Parkplätze tagsüber von 8-20 Uhr nur für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stehen, die sich im Ladezustand befinden. Die Höchstparkdauer beträgt 4 Stunden. Während der Nacht von 20-8 Uhr sind die Parkplätze ebenfalls nur für Elektroautos freigegeben, allerdings dürfen diese dann auch ohne Ladezustand und ohne die zeitliche Begrenzung von 4 Stunden parken.
Herangehensweise
Die Befreiung von den Parkgebühren ist verhältnismäßig einfach umzusetzen, da Elektrofahrzeuge in der Regel durch ihr E-Kennzeichen zu identifizieren sind. Durch das sogenannte „Handy-Parken“, bei dem die Parkdauer über eine App gemessen und bezahlt wird, lässt sich die Gebührenbefreiung für die Stadt einfach nachvollziehen bzw. kontrollieren. Wer nicht am Handy-Parken teilnimmt, kann alternativ eine Parkscheibe in seinem Elektrofahrzeug platzieren.
Aufwändiger hingegen ist die Umsetzung der bevorrechtigten Parkmöglichkeiten. Da es die Bevorrechtigung nur in Verbindung mit einer Lademöglichkeit gibt, muss entsprechende Ladeinfrastruktur aufgebaut werden. In München geschieht die praktische Umsetzung meist in Zusammenarbeit mit der Stadtwerke München GmbH.
Bei der Auswahl der Parkflächen holt sich die Stadt München Rat ein: Neben Standortanalysen in Zusammenarbeit mit Carsharing-Anbietern, führt die Stadt München mit den jeweiligen Bezirken Info-Veranstaltungen zum Bedarf durch. Dabei werden Ideen der BürgerInnen gesammelt und mögliche Standorte für Parkplätze mit Lademöglichkeit ausgelotet.
Die konkrete Mikroplanung, wo wie viele Säulen errichtet werden, erfolgt dann in Zusammenarbeit zwischen Stadt und jeweiligem Bezirk mit dem lokalen Know-how.
Wichtige Voraussetzungen
Die Errichtung von bevorrechtigen Parkmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge ist ein sensibles Thema, denn es bedeutet für die Anwohner, dass der Druck auf den Parkraum weiter erhöht wird und der Unmut von Fahrern konventioneller Fahrzeuge zunimmt.
Um die Akzeptanz der Maßnahmen zu erhöhen, legt die Stadt München daher Wert auf die Einbeziehung der BürgerInnen. Neben den genannten Info-Veranstaltungen haben BürgerInnen auch die Möglichkeit direkt Vorschläge für neue Standorte von Park-/Lademöglichkeiten bei der Landeshauptstadt einzureichen. Eine entsprechende Online-Lösung wird aktuell dazu erarbeitet. Die Vorschläge werden dann geprüft und fließen in die Planung mit ein.
Eine weiterer wichtiger Aspekt sind die politischen Rahmenbedingungen zur Umsetzung des EmoG. Diese müssen klar abgesteckt sein, damit die Verwaltung den politischen Willen in der Praxis umsetzen kann.
Aktueller Stand
Seit Inkrafttreten des EmoG wurden diverse Beschlüsse durch den Stadtrat auf den Weg gebracht, um das EmoG in der beschriebenen Weise umzusetzen. Insbesondere die Jahre 2018-20 gelten dabei als Erprobungszeitraum, in dem die Auswirkungen genauer untersucht werden: Wie werden die Park- und Lademöglichkeiten angenommen? Gibt es Einspruch von AutofahrerInnen mit Verbrennungsmotor?
Die bayrische Staatsregierung hat außerdem im Jahr 2018 das Bayrische Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) angepasst. Kommunen haben nun eine rechtliche Grundlage, auf der sie spezielle Carsharing-Parkplätze ausweisen können (vgl. §18a BayStrWG). Die Idee an sich ist plausibel: weniger private Pkw bedeuten weniger Verkehr und weniger Umwelt- und Gesundheitsbelastungen. Wie diese Lösung sich in der Praxis bewährt, muss sich noch zeigen. Hintergrund ist das politische Interesse an schnellen Lösungen hinsichtlich der drohenden Dieselfahrverbote angesichts der zu hohen Stickoxidbelastungen in deutschen Städten.
Herausforderungen
Als herausfordernd hat sich die eindeutige Kennzeichnung der neuen Parkplätze mit Lademöglichkeit herausgestellt. Für das neue Angebot ist eine Beschilderung nötig, die allen AutofahrerInnen verständlich macht, wer unter welchen Umständen und zu welchen Zeiten parken bzw. laden darf. Da dieser Anwendungsfall noch verhältnismäßig neu ist, gibt es noch nicht allzu viele Vorzeigelösungen aus anderen Städten, an denen man sich orientieren kann.
In den ersten Monaten der Umsetzung hat sich herausgestellt, dass die Beschilderung von AutofahrerInnen nicht richtig interpretiert wurde. Das führte dazu, dass Parkplätze für Elektrofahrzeuge häufig von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zugeparkt wurden.
In der Landeshauptstadt München hat man daher die Beschilderung nach einiger Zeit noch einmal angepasst. Die Grafik zeigt die alte sowie die neue Beschilderung:
Die Beschildung wurde nach der Testphase von der Negativ- auf die Positiv-Variante umgestellt.
Eine weitere Herausforderung ist es das Gleichgewicht beim bevorrechtigten Parken zwischen Angebot und Nachfrage zu finden. Einerseits sollen die Bevorzugung ein Anreiz und eine Belohnung für die Nutzung von Elektrofahrzeugen sein. Auf der anderen Seite soll vermieden werden, dass reservierte Parkflächen im öffentlichen Raum ungenutzt bleiben. Das könnte zu einer erheblichen Unzufriedenheit bei den NutzerInnen von Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb führen, was gleichzeitig den Anreiz zum Umdenken darstellt.
Wichtige Erfahrungen
Zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des EmoG ist der politische Wille. Zudem ist es wichtig die Möglichkeiten zur Parkbevorrechtigung als integriertes Instrument zur Umsetzung eines nachhaltigen Verkehrs- bzw. Mobilitätskonzepts einer Stadt zu begreifen.
Hilfreich kann hier der Austausche mit Kommunen sein, die bereits einschlägige Erfahrungen gesammelt haben. In diesem Sinne hat die Landeshauptstadt München die Stadt Augsburg bei der Entwicklung ihres Verkehrskonzepts unterstützt.
Torsten Belter Tel: +49 (0)89 233-39964Key facts
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