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Anregungen zur Kommunikation im Kontext von Elektromobilitätsprojekten in Kommunen

„Sind die E-Busse denn auch im Winter warm oder reicht der Akku dafür nicht?“

„Wo soll ich in Zukunft parken, wenn immer mehr Parkplätze für E-Autos reserviert sind“?

„Wie sieht denn das aus: Eine Trafostation für E-Busse mitten in der Stadt!“

Warum es neben Fach-Kompetenz auch Kommunikations-Kompetenz braucht

Ob Einführung von elektrischen Bussen, der Ausbau von Ladeinfrastruktur oder auch allgemeiner gesprochen, der Wandel zu einer nachhaltigen Mobilität: Die Planung und Durchführung von Elektromobilitätsprojekten stehen häufig gewohnten Verhaltensmustern gegenüber. Durch die Projekte wird der Status Quo herausgefordert und damit ist klar: Die Diskussion darüber wird nicht nur sachlich geführt, sondern aus der persönlichen Betroffenheit und Emotion heraus.

Die Akzeptanz von Innovationen kann dabei aktiv mitgestaltet im Rahmen eines Prozesses gestaltet werden. Im ersten Schritt geht es um das Bewusstsein über die kommende Veränderung (–> Information), anschließend um ein Verständnis wie das Neue funktioniert (–> Erlebnisse schaffen).

Elektromobilitätsprojekte benötigen daher eine gut durchdachte, begleitende Kommunikation. Auf diese Weise können Widerstände reduziert werden, in vermeintlichen Nachteilen können Chancen entdeckt werden und die Bereitschaft, sich auf das Neue, noch Unbekannte einzulassen, kann gesteigert werden.

Die intensive Auseinandersetzung mit Kommunikation ist insbesondere deswegen nötig, weil es noch zu wenig Erfolgsgeschichten gibt, die uns das „Neue“ vorleben und an denen wir uns beispielhaft orientieren können. Oft fehlt noch die Vorstellungskraft, wie alternative Mobilität bzw. Verkehrskonzepte in unserem Alltag aussehen können. Und, dass diese nicht in erster Linie eine Einschränkung sein müssen, sondern auch ein Gewinn an neuen Möglichkeiten und an Lebensqualität sein können.

 

Kommunen können auf verschiedenen Ebenen kommunikativ Einfluss nehmen

A) Kommunikative Begleitung von Elektromobilitäts-Projekten

Allgemein:

  • Wandel zu nachhaltiger Mobilität erklären / Prozess-Beteiligung ermöglichen („Warum sind Veränderungen überhaupt notwendig?“)
  • Welche Vorteile bringt es, auf nachhaltige Mobilität umzustellen? (Dreiklang „Weniger – Anders – Besser“)
  • Vision: Wie sieht die Mobilität in der Kommune in 20 Jahren aus? („Wo wollen wir hin?“)

Anlassbezogen:

  • Projekte lokal und zielgruppen-spezifisch kommunizieren
  • Bau von Ladeinfrastruktur, Umwidmung Parkplätze, Umsetzung des EmoG, Einsatz von E-Bussen

 

B) Vorbildfunktion als Verwaltung

Machen: Nachhaltige Mobilität im eigenen Verwaltungsalltag umsetzen, zum Beispiel:

  • Eigenen Fuhrpark umstellen, Elektromobilität vorantreiben
  • Eigene Mitarbeiter für Wandel zu nachhaltiger Mobilität sensibilisieren (Welche Mobilitätsmöglichkeiten gibt es? Wie werden diese genutzt?)
  • Konkrete Veränderungen begleiten, anstoßen, sensibilisieren, Verhalten verändern, Vorteile aufzeigen usw.

Zeigen: Nachhaltige Mobilität in der Verwaltung nach außen sichtbar machen (Vorbildfunktion)

  • Nicht nur tun, sondern Engagement zeigen,
    • dass E-Mobilität funktioniert,
    • dass sie Spaß macht,
    • dass sie sogar Vorteile mit sich bringt.
  • Hier fallen auch Maßnahmen der kommunalen Betriebe (Stadtwerke, Busbetriebe, Stadtreinigung…) drunter. (E-Busse, kommunale Flotten…)
    • Zum Beispiel Fahrzeuge sichtbar machen (Beklebung, Folierung) und über Elektromobilitätsprojekte sprechen.

 

 C) Kommunikative Unterstützung von Dritten

  • Dritte dabei unterstützen, dass sie ihre Möglichkeiten ausschöpfen, um Elektromobilität voranzutreiben.
  • Unternehmen / Netzwerke / Einzelhandel / Vereine / Organisationen etc.
    • Angebote zur Vernetzung generieren
    • Anreiz durch Förderprogramme schaffen

 

 

Leitsätze für die Kommunikation von Elektromobilitätsprojekten

A) Gute Rahmenbedingungen schaffen:

Frühzeitig kommunizieren
  • Veränderungen brauchen eine Zeit der Gewöhnung. Findet Kommunikation erst statt, wenn das Projekt in der Umsetzung oder bereits umgesetzt ist, ist es zu spät.
  • Kommunikation kann Prozesse begleiten und einen gestaltenden Rahmen setzen. Insbesondere, wenn individuelle Gewohnheiten betroffen sind, sollte die Chance genutzt werden, aus eigener Perspektive den Fokus auf das Thema zu legen – bevor sich Vorurteile verfestigen.
Persönlich sprechen
  • Wenn irgendwie möglich, ist das persönliche Gespräch gegenüber schriftlicher/digitaler Kommunikation zu bevorzugen. Die persönliche Ansprache verringert das Risiko von Missverständnissen, bietet die Chance zum Dialog und zu Nachfragen. Sie schafft einen Austausch auf Augenhöhe und Verbindlichkeit statt Anonymität.
  • Ob ein persönliches Gespräch möglich ist, hängt natürlich häufig von der Größe und Erreichbarkeit der Zielgruppe ab.
  • Das persönliche Gespräch kann zum Beispiel in Form eines Infostandes auf dem (Wochen-)Markt geschehen.
Vor Ort sprechen
  • Ein Vor-Ort-Besuch kann durch das persönliche Erleben der Situation und Umgebung eine unmittelbare Verbindung zum jeweiligen Projekt schaffen.
  • Daher kann es wertvoll sein, (Arbeits-)Treffen dort durchzuführen, wo die Projekte umgesetzt werden bzw. wo Menschen davon betroffen sind. Am konkreten Ort wird auch das Projekt greifbarer als beim Lesen einer Email.
Miteinander sprechen (Beteiligung)
  • Bei Elektromobilitätsprojekten sind sowohl verwaltungsintern, aber auch in der Öffentlichkeit viele verschiedene Menschen betroffen. Daher sollte es bereits in der Planung ausreichend Möglichkeiten zum Gespräch und ggf. auch zur Mitgestaltung geben.
  • Wichtig – insbesondere bei der öffentlichen Beteiligung – ist es, dabei einen klaren Rahmen zu setzen: Bei welchen Fragen besteht Handlungsspielraum? An welchen Punkten kann Einfluss genommen werden – und wo nicht?
  • Die zu erwartende Meinungsvielfalt stellt einen hohen Anspruch an die Moderation. Grundsätzlich sollte akzeptiert werden, dass ein breites Meinungsbild besteht. Dieses bietet die Chance auf einen erweiterten Horizont und neue Perspektiven. Es ist nicht zu erwarten, dass am Ende alle einer Meinung sind.
Ämterübergreifend kurze Kommunikationswege etablieren
  • Für die Durchführung von Elektromobilitätsprojekten hat sich die Installation einer verantwortlichen Stelle, eines „Kümmerers“, bewährt, bei dem die Fäden zusammenlaufen. Idealerweise ist diese Position als Stabstelle eingerichtet, denn sie benötigt für die Umsetzung entsprechende Befugnisse.
  • Zudem sind interdisziplinär besetzte Teamstrukturen aus der Fach- und Leistungsebene hilfreich, die sich aus den Bereichen Verkehrs- und Bauplanung, Mobilitätsmanagern und aus der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zusammensetzen.

B) Inhaltliche Klarheit:

Ehrliches Erwartungsmanagement
  • Schaffen Sie eine klare Erwartungshaltung, indem Sie frühzeitig darüber informieren: Wie läuft der Prozess ab? Wo ist Einflussnahmen möglich? Wer entscheidet am Ende in welcher Form über das Ergebnis?
Mutig und klar
  • Bei allen zu erwartenden Diskussionen und auch Widerständen: Behalten Sie Klarheit über Ihre strategische Richtung. Beteiligung heißt nicht, dass bereits getroffene Entscheidungen nochmal neu diskutiert werden. Zudem sollte ein klares Erwartungsmanagement getroffen werden. Was darf mitbestimmt werden? Wo gibt es noch Handlungsspielraum?
    –> Nicht das „Ob“, sondern das „Wie“ der Umsetzung wird diskutiert.
  • Insofern sollte nicht jedem Widerstand nachgegeben werden, denn es können nie ALLE Bedürfnisse gleichermaßen befriedigt werden. Überlegen Sie sich vorab einen konstruktiven Umgang mit Kritik und Widerständen. Denn Enttäuschung und/oder Widerstand von Betroffenen sind verständlich und mit einzukalkulieren. Diesen Gefühlen sollte empathisch, aber auch klar begegnet werden.
Vom Ziel her denken
  • Je mehr es in Details geht, desto kleinteiliger und diverser wird die Kommunikation.
  • Trotz allen Details sollte der Fokus der Kommunikation nicht nur auf den Einzelmaßnahmen liegen. Zentraler Bestandteil für die Überzeugungsarbeit ist die Vision für das Ganze. Einzelmaßnahmen sind immer Bestandteil eines Gesamtkonzepts, das eine Entwicklung zur nachhaltigen Mobilität ermöglicht.
  • Wenn kein Gesamtverständnis für das „Große Ganze“ besteht, hängen sich Diskussionen an Einzelfragen auf. („Ich will nicht, dass mein Parkplatz wegfällt.“)
  • Stattdessen Fokus auf: Wie soll unsere Stadt / unsere Mobilität in 20 Jahren aussehen? Und was müssen wir heute tun, damit diese Vision Wirklichkeit wird?
Chancen statt Einschränkungen
  • Einschränkende Veränderungen werden oft als besonders hart empfunden. Kommunikation kann hier entgegenwirken, indem sie einen besonderen Fokus auf neue Möglichkeiten und Gelegenheiten setzt.
    • Welcher Mehrwert ergibt sich direkt oder indirekt durch die Umsetzung des Projekts?
    • Können diese Chancen vorab schon erlebbar gemacht werden? (z.B. im Rahmen eines Tests-Projekts)

C) Das „WIE“ – Weiche Faktoren:

Verbindlichkeit und Vertrauen schaffen
  • Eine regelmäßige Kommunikation sorgt für Verbindlichkeit und schafft Vertrauen im Veränderungsprozess. Wichtig ist, dass zum Beispiel nicht nur nach Input gefragt wird, sondern anschließend auch die Ergebnisse und weiteren Schritte kommuniziert werden. Auch das Erleben eines gemeinsam gestalteten Prozesses zahlt auf das Vertrauen ein.
  • Insbesondere verwaltungsintern lohnt es sich dauerhafte Strukturen zu etablieren, um einen vertrauensvollen und kontinuierlichen Austausch sicherzustellen.
Sachliche und emotionale Ebene berücksichtigen
  • Wenn kommuniziert wird, geschieht das nie ausschließlich auf der Sachebene, sondern auch auf emotionaler Ebene. Das Thema „Verkehr/Mobilität“ ist dabei erfahrungsgemäß besonders emotional besetzt.
  • Daher sollten in der Kommunikation die verschiedenen Ebenen unterschieden und berücksichtigt werden:
    • Emotionale Ebene: Verständnis & Empathie zeigen
    • Sachebene: Klarheit über Ziele & Notwendigkeiten. Argumente austauschen und Überzeugungsarbeit leisten
    • Auf der Beziehungsebene: persönlich auf Augenhöhe statt anonymer Machtdemonstration
Erlebnisse schaffen
  • Die Diskussion kann an ihre Grenzen kommen, wenn die Vorstellungskraft für die positiv veränderte Zukunft nicht ausreicht. Hilfreich sind Erlebnisse, die geplante Projekte erfahrbar machen. Diese Erlebnisse können z.B. zeitlich begrenzte Aktionen sein:
    • Parking Day
    • Carsharing Ausprobieren
    • Gratis ÖPNV Ticket für 1 Woche
    • E-Bus Besichtigung / Probefahrt
    • Führung über das neue Bus-Depot
    • Veränderte Straßenführung / autofreier Sonntag
Prominente Unterstützer ins Boot holen
  • Vorbilder können als Meinungsführer Projekte unterstützen. Sie dienen als Botschafter und Multiplikatoren und helfen dabei für die Umsetzung von Projekten zu werben. Das können zum Beispiel Paten aus Politik oder Bevölkerung, Prominente bzw. Influencer mit Bezug zum jeweiligen Thema sein.

Beispielhafte Projekte: Was kann Kommunikation hier leisten?

 

Information & Überzeugung

  • Elektrifizierung ÖPNV / Busse
    • Sind die auch im Winter warm?
    • Bauen die jetzt überall Ladestationen hin?
  • Elektrifizierung kommunale Flotten
    • Wird der Schnee/das Laub trotzdem zuverlässig geräumt?
    • Polizei: Bleiben die nicht ständig liegen?
    • Vorbildfunktion wahrnehmen. Machen, aber auch drüber reden! Das „neue Normal“ sichtbar machen.
  • Neubürger-Marketing:
  • „Mobilitätswandel“ oder „nachhaltige Mobilität“
    • Wie soll unsere Mobilität in 20 Jahren aussehen?
    • Warum, wieso, weshalb brauchen wir einen Mobilitätswandel?
    • Gute Gründe – „Was habe ich davon?“
  • Lieferzeiten für E-Fahrzeuge
    • Kommunikation mit Einzelhandel
  • Lokalpresse frühzeitig einbinden
    • Versuchen, Deutungshoheit zu gewinnen => nicht die negativen Auswirkungen der Status-Quo-Veränderung sollten im Vordergrund stehen, sondern die Vorteile (sauberere Luft, leisere Innenstädte, mehr Platz im öffentlichen Raum…)

 

>>> Ziel: Vorurteile abbauen, sichtbar machen, was bereits getan wird. Elektromobilität als neue Normalität vorstellen.

 

 

Neue / ergänzende Angebote

  • kommunales/pulsierendes Carsharing
    • Kurzfristig: Brauchen mehr (Park-)Platz & LIS
    • Langfristig: Sorgen für weniger Autos –> mehr Platz
    • Ziel: Nutzer generieren, langfristig weniger Autos
  • Einführung Elektrisches Bürgerrufauto / Bürgerbus
    • Ziel: Nutzung ermöglichen
    • Erlebnisse schaffen, besondere Angebote / Einführungsphase
  • On Demand Angebote / Ridepooling

 

>>> Ziel: Mehr Nutzer für alternative Angebote gewinnen. Hürden abbauen, Neugierde wecken.

 

Projekte, die Veränderungen bedeuten

  • Ausbau öffentliche Ladeinfrastruktur
    • Mehr Lademöglichkeiten für alle
    • Einschränkung von bestehenden Parkplätzen
    • Umwidmung von Parkplätzen (Nur für E-Autos)

 

>>> Ziel: Vorurteile abbauen, Verständnis erzeugen

Anregungen und Ideen für mögliche Maßnahmen & Medien

Im Folgenden finden Sie eine Liste an Möglichkeiten, die in der kommunalen Kommunikation eingesetzt werden können. Sie dient der Inspiration und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Achten Sie bei der Auswahl der Medien und Maßnahmen darauf, dass sie zu ihrer Zielgruppe passen. Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, welches Ziel die Kommunikation verfolgt: Geht es um reine Information oder ist eine Form von Interaktion, Diskussion oder sonstiger Rückmeldung gewünscht?

 

Massenansprache

  • Massenwerbung: Flyer, Plakate… (insb. Im ÖPNV)
  • Postwurfsendung
  • Pressemitteilungen
  • Gezielte Presse-Briefings / Hintergrundgespräche anbieten
  • Anzeigen in der Lokalpresse
  • Werbung bei lokalen Radio-/Fernsehsendern
  • Social-Media-Kanäle nutzen / SoMe Kampagnen (Anzeigen)
  • Online-Umfragen

 

Vor Ort Präsenz

  • Netzwerktreffen der Region (Unternehmer / Wirtschaftskreise ansprechen)
  • Politik-Workshops
  • Ideenlabore
  • Stadtbezirkskonferenzen
  • Stadtteilgespräche / Bürgerforum (digital / analog)
  • Straßenrundgänge/-begehungen, Quartiersrundgänge (um Situation vor Ort zu verstehen)
  • E-Bus Besichtigung / Probefahrt
  • Führung über das neue Bus-Depot

 

Möglichkeiten der Informations-Aufarbeitung

  • Informationsstände / Schautafeln im betroffenen Gebiet
  • Infografiken / Schaubilder
  • Vorher/Nachher Vergleiche (ggf. auch Mockups)
  • Argumentationshilfen (für häufige Fragen/Kritik)
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