Gewerbeverkehr // 15.08.2023
Hamburgs Taxi-Flotte soll durch elektrische Antriebe und inklusive Fahrzeuge zukunftsfähig und vor allem klimafreundlicher werden – das ist das Ziel des Projekts Zukunftstaxi.
Ende des Jahres 2023 werden rund 20 Prozent der Flotte umgestellt sein, das Ziel lautet: Hamburg wird ab 2025 nur noch lokal emissionsfreie Taxen zulassen. Ein entsprechendes Förderprogramm und beschleunigt die Fahrzeug-Umstellung sowie den Aufbau von exklusiver Taxi-Ladeinfrastruktur.
Hintergrund
Bereits seit vielen Jahren gibt es einen regelmäßigen Austausch zwischen Taxi-Unternehmen, -verbänden, -vermittlern, Fahrzeugherstellern und Behörden zu aktuellen Herausforderungen. Denn, die Branche muss sich weiterentwickeln, wenn das Taxi ein relevanter Baustein moderner Mobilität sein soll.
Entwicklungsmöglichkeiten für die Branche wurden bereits 2016/17 in einem 10-Punkte-Plan formuliert, der unter anderem lokale Emissionsfreiheit von Taxen vorsieht.
2019 bot die Fortschreibung des Hamburger Klimaschutzplans (mit seinen sektorbezogenen CO2-Einsparzielen) sowie 2020 die Schaffung einer neuen Verkehrsbehörde die Grundlage für das gemeinsame Projekt Zukunftstaxi. Behörde, Politik, Unternehmen, Vermittler und weitere Partner sind sich einig: Zukunftstaxi soll kein Pilotprojekt werden, sondern hat die Umstellung der gesamten Hamburger Taxi-Flotte zum Ziel, wodurch eine relevante CO2-Ersparnis im Verkehrssektor beigetragen werden kann.
„Das Besondere beim Projekt Zukunftstaxi ist, dass es kein Projekt der Behörde, sondern ein Gemeinschaftsprojekt mit vielen Partnern ist. Wir wollen lieber miteinander als übereinander reden. Deswegen holen wir alle Beteiligten ins Boot, um gemeinsam gute und zukunftsfähige Lösungen für die Taxi-Branche zu finden.“
Dirk Ritter, Leitung Sachgebiet Aufsicht und Genehmigungen in der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende in Hamburg.
Das Projekt
Ein zentraler Hebel seitens der Kommune für die Umstellung der Antriebe, ist die finanzielle Förderung. Insgesamt stehen fast 5 Millionen Euro aus Klimaschutzmitteln zur Verfügung. Ergänzend kann für die Beschaffung neuer E-Fahrzeuge die Bundesförderung der BAFA (Innovationsprämie, die allerdings mit dem 31. August 2023 für Unternehmen ausläuft) in Anspruch genommen werden.
Die Hamburger Förderung erfolgt in mehreren Stufen. Wer früher umsteigt, profitiert von höherer Förderung. Wer spät umsteigt, muss ggf. komplett ohne Förderung auskommen. Um entsprechende Lieferkontingente für benötigte Fahrzeuge sicherzustellen, wurden auch die Fahrzeughersteller frühzeitig ins Boot geholt.
Bis November 2023 sind in Hamburg 590 E-Taxen auf den Straßen, das entspricht knapp 20 Prozent der gesamten Taxi-Flotte (rund 3.000 Taxen). Davon sind 32 Taxen mit H2-Antrieb unterwegs. Bis Ende 2024 will Hamburg mit 1.000 E-Taxen weiterhin bundesweiter Vorreiter sein.
Gefördert werden auch bis zu 65 inklusive Taxen, die Rollstuhlfahrer*innen befördern können. Bisher gab es in Hamburg lediglich vier solcher Taxen, 2023 gibt es bereits 38 E-Inklusionstaxen.
Durch das inklusive Beförderungsangebot wird die Rolle von Taxen im Sinne der Daseinsvorsorge nochmal neu definiert. Denn bisher mussten eingeschränkte Personen lange im Voraus und termingenau buchen. Das geht nun deutlich flexibler. Zudem können die barrierefreien Taxen auch parallel als Großraumtaxi genutzt werden.
Neben den Fahrzeugen wird auch der Ausbau der exklusiven Taxi-Ladeinfrastruktur gefördert. Wer einen Schnelllader aufstellt, kann eine Förderung von bis zu 10.000 Euro beantragen. Mindestens 40 weitere E-Taxen-Stände mit 80 HPC- Schnellladepunkten sollen bis Ende 2024 errichtet werden.
Bereits seit 2021 bzw. 2022 gibt es die ersten zwei E-Taxenstände mit Schnellladern am Alsterdorfer Markt und S-Bahnhof Eidelstedt. Diese werden sehr gut angenommen und genutzt und sind die am intensivsten genutzten Lader der Stadt. Dank der Ladeleistung von 160 kW können die Taxen binnen 30 Minuten auf 80 Prozent ihrer Batterieleistung geladen werden – natürlich mit Ökostrom. Die Hardware und die IT wird von „Stromnetz Hamburg“ zur Verfügung gestellt.
Vier weitere Schnelllader auf öffentlichen Flächen sind kurz vor ihrer Errichtung. Für weitere Ladepunkte wurden Flächenpartner gesucht und gefunden. Um den Ausbau voranzutreiben, bringt die Stadt Hamburg Flächenbesitzer mit möglichen Ladeinfrastrukturbetreibern zusammen. Diese sind bereits auf der Projektseite gelistet. Diese erhalten dann „Steckbriefe“ mit den Anforderungen von den Flächenbesitzern und können sich bei denen bewerben.
Bei der Auswahl der Flächen wird auf Synergieeffekte mit privaten Flächenanbietern gesetzt. Gespräche gibt es beispielsweise mit Supermarktketten und verschiedenen Institutionen. Wird eine Schnellladeinfrastruktur für die E-Taxen plant, kann gleichzeitig mit geringem Mehraufwand eine zusätzliche AC-Ladeinfrastruktur für Mitarbeiter*innen oder Kund*innen mitgeplant werden. Gemeinsame Ausbau- oder Netzanschlusskosten reduzieren sich entsprechend.
Förderung
- Knapp 5 Millionen Euro aus Klimaschutzmitteln: keine Fahrzeug-Förderung, sondern „Ausgleich des betrieblichen Mehraufwands“ (längere Fahrtwege bis zur Ladesäule, Anpassungen es Schichtwechsels, Schulungen des Fahrpersonals, ggf. Ausfälle von Aufträgen)
- 3-stufige Förderung für insgesamt über 750 E-Taxen (bis zu 10.000 Euro) und 65 Inklusionstaxen (bis zu 20.000 Euro)
- Zusätzlich ist bis zum 31. August 2023 eine Förderung durch den Bund und die Hersteller möglich (BAFA „Innovationsprämie“)
- Wer einen der 40 geplanten Schnellader errichtet kann eine Förderung von 10.000 Euro erhalten.
Erfahrungen
- Der laufende Betrieb der E-Taxen funktioniert ohne Einschränkungen gegenüber Verbrenner-Taxen. Die Taxi-Unternehmen profitieren sogar von geringeren Betriebskosten, die Behörde evaluiert die Betriebsergebnisse mit dem Statistikamt Nord.
- Hauptgewinner des Projekts ist der Klimaschutz: Seit Projektstart wurden über 5.500 Tonnen CO2 eingespart.
- Basis des Projekts ist die gute Vernetzung mit der Taxi-Branche und den weiteren Partnern sowie der gemeinsame Wille zur Veränderung. Dieser hat auch nach außen an vielen Stellen positive Signale gesetzt und für einen großen Imagegewinn für das Taxengewerbe gesorgt.
- Die Förderung wird von der Genehmigungsbehörde selbst durchgeführt – von der Antragstellung bis zur Auszahlung haben die Taxi-Unternehmen damit nur einen Ansprechpartner.
- Alle E-Taxen verfügen über hellgrüne Außenspiegel, die zur besseren Erkennbarkeit im Stadtbild beitragen.
- Gezielte Medienpartnerschaften begleiten das Projekt kommunikativ durch Meldungen, Events, Presseberichte etc.
Herausforderungen
- Das Auffinden von passenden Flächen für die Ladeinfrastruktur gestaltet sich teils schwierig. Vor allem, da die Ladeplätze mit HPC-Ladern sogenannte Taschenparkplätze benötigen, bei denen Taxen nebeneinander – statt wie sonst üblich hintereinander – stehen.
- Die Entwicklung der Strompreise und die höheren Preise für E-Fahrzeuge ist für Taxi-Unternehmen ein Unsicherheits- und Wirtschaftlichkeitsfaktor.
- Die Vielzahl an beteiligten Partnern macht einen hohen Abstimmungsaufwand nötig.
- Für die projektverantwortliche Behörde muss der zusätzliche Personalaufwand durch Prioritätensetzung abgesichert werden.
Ausblick
- Pro Jahr können bei einer kompletten Umstellung der Taxi-Flotte bis zu 25.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
- Es zeichnet sich ab, dass E-Taxen die neue Normalität sind. Schon jetzt zeigt sich, dass die meisten Kunden, die einmal elektrisch befördert wurden, wieder gezielt das E-Taxi nachfragen.
- Die großen Vermittlungsplattformen bieten bei steigender Verfügbarkeit E-Taxen bevorzugt an, für Schienenersatzverkehre im ÖPNV werden gezielt E-Taxen bestellt.
- Die auslaufende BAFA-Förderung (3.000 Euro pro Fahrzeug) bedeutet einen harten Einschnitt für die Taxi-Unternehmer*innen bei der Beschaffung der Fahrzeuge.
- Der Hamburger Senat hat beschlossen, dass ab 2025 nur noch lokal emissionsfreie Taxen neu in Betrieb genommen werden können.
Dirk Ritter Tel.: + 49 40 428 41-3751 480 E-Taxen bei einer Flotte von rund 2.900 Taxen (Juli 2023) Geplant sind 40 weitere Schnell-Ladestationen mit 80 Ladepunkten mit jeweils 150 kWh bis Ende 2024.Key Facts
Kontakt
Freie und Hansestadt Hamburg
Behörde für Verkehr und Mobilitätswende
Alter Steinweg 4, 20459 Hamburg
E-Mail: dirk.ritter@bvm.hamburg.de
www.hamburg.de/zukunftstaxi/Partner
Fahrzeuge
Davon 34 Inklusionstaxen und 32 H2-TaxenLadeinfrastruktur
Förderung